Für das Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung erklären Nadja
Zein-Draeger, Stefan Ernst, Christian Pieper und Wolfgang Czapracki-Mohnhaupt:
1. Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung
Im vergangenen Jahr haben sich im Zuge des Bekanntwerdens des
Wohnbauflächenprogramms (Vorlage 20181415 der Stadt Bochum) mehrere
Bürgerinitiativen gegründet und mit bereits bestehenden Bürgerinitiativen zum Netzwerk
für bürgernahe Stadtentwicklung zusammengeschlossen.
Es vergeht auch kaum ein Tag, an dem den Medien nicht negative
Bürgerstimmen zu den von der Stadt Bochum in den Stadtteilen vorgesehenen
Entwicklungsmaßnahmen zu entnehmen sind. Wir erwarten deshalb, dass sich
zukünftig weitere Initiativen in den Stadtteilen gründen werden.
Beklagt wurde von allen Initiativen im Netzwerk fehlende Information
sowie unzureichende Möglichkeit zur Teilhabe der Bevölkerung an der
Stadtteilentwicklung.
Die Bevölkerung will aber in den Stadtteilen frühzeitig von der Planung
informiert werden und aktiv mitwirken können. Sie will nicht nur zu fertigen
Plänen angehört werden. Da bleibt in
Bochum zurzeit nur das Engagement in Initiativen.
Die Stadt Bochum könnte sich den Sachverstand der Bürger*innen auch
anders zunutze machen. Wie dies gehen kann, zeigen bereits installierte
innovative Formate der Bürgerbeteiligung in Kommunen wie z.B. Freiburg,
Heilbronn, Heidelberg und Karlsruhe.
Um eine solche bürgernahe Stadtentwicklung auch für Bochum zu
initiieren, ist das Netzwerk seit Dezember 2018 mit der Verwaltung der
Stadt Bochum im Gespräch.
Für den 21.02.2019 ist ein weiterer Termin vereinbart. Nachdem
Stadtbaurat Dr. Bradtke in der Ratssitzung am 31. Januar 2019 auf die Gespräche
mit den Initiativen öffentlich Bezug genommen hat, stellt das Netzwerk für
bürgernahe Stadtentwicklung nun sein Konzept für eine Teilhabe an der
Stadtentwicklung vor.
2. Bürgerbeteiligungskonzept:
Unser Konzept geht deutlich über die gesetzlich vorgesehene
Beteiligung, aber auch über die in anderen Kommunen zusätzlich installierten
Beteiligungsverfahren hinaus.
2.1. Bürgerforum:
Das Netzwerk sieht ein Bürgerforum als zentrale Instanz in
einem zu entwerfenden Beteiligungsprozess vor, mit dem den
Bürger*innen ein Ansprechpartner auf Augenhöhe zur Verfügung stehen soll.
Deshalb sollen die Mitglieder des Bürgerforums – unabhängig von politischen
Gruppierungen – fachkompetente Ansprechpartner für Bürger*innen und Initiativen
sein. Sie sollen ihnen aktiv und engagiert zur Seite stehen.
Das Bürgerforum koordiniert die Bürgerbeteiligung und informiert
die Bürger*innen unabhängig von Stadtverwaltung und Politik. Es ist Vermittler
zwischen Bürger*innen auf der einen Seite und Verwaltung und Politik
auf der anderen Seite. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass die
Bürger*innen dieses Format der Bürgerbeteiligung als echtes Instrument zur Teilhabe
an der Stadtentwicklung wahrnehmen können.
Das Bürgerforum wirkt bei der Auswertung des Bürgerfeedbacks sowie bei Bürgerinformationsveranstaltungen
vor Ort (im jeweiligen Stadtteil bzw. Sozialraum) mit und kann informelle
Bürgerbefragungen initiieren, wenn die Auswertung des Feedbacks Widerstand
in der Bevölkerung aufzeigt.
2.2. Bürgerinformation:
Als Instrument für eine frühzeitige Information der Bochumer
Bürger*innen zu Vorhaben der Stadtentwicklung sehen wir eine interaktive
Internetseite, in der alle Vorhaben auf einer schematisierten Bochum-Karte
mit Stadtteilen und -bezirken noch vor einer Detailplanung eingetragen
werden. Hier sind aktuelle Informationen und Begründungen zu den verschiedenen
Vorhaben für interessierte Bürger*innen verfügbar und es wird über
Ansprechpartner in dem Bürgerforum informiert.
Zusätzlich werden direkt betroffene Bürger*innen schriftlich,
über die örtliche Presse und ggf. durch Aushang/Auslage vor
Ort über das Vorhaben informiert.
Vorhabenbezogen entscheiden Stadtverwaltung und Bürgerforum auch unter Berücksichtigung
des eingegangenen Feedbacks über die Erfordernis einer Bürgerinformationsveranstaltung
und eines -workshops vor Ort.
2.3. Bürgerfeedback:
Bürgerfeedback ist einfach und unkompliziert möglich. In der internetbasierten Vorhabenliste wird
den Bürger*innen ermöglicht, Anmerkungen, Anregungen und eine erste
schematisierte Bewertung einzugeben. Gleichzeitig können sich die Bürger*innen
an vorhabenbezogene Ansprechpartner im Bürgerforum wenden.
Bürgerfeedbackzu Vorhaben wird von Stadtverwaltung und
Bürgerforum kontinuierlich ausgewertet. Zeichnet sich ein deutlicher
Widerstand zu einem Vorhaben ab, kann das Bürgerforum eine informelle
Befragung und Abstimmung durch die betroffenen Bürger*innen initiieren.
Über die Ergebnisse der Auswertung des Feedbacks und ggf. der
informellen Abstimmung werden interessierte Bürger*innen über die interaktive Internetliste
und
ggf. Presse sowie im Rahmen von Bürgerinformationsveranstaltungen
vor Ort und weiterführenden Workshops informiert werden.
Die ausgewerteten Anregungen der Bürger*innen fließen schließlich in
die Detailplanung ein. Die endgültige Entscheidung über ein
Vorhaben zur Stadtentwicklung bleibt beim Rat, dem als
Entscheidungsgrundlage nun neben den Sachgrundlagen auch ein ausführliches
Meinungsbild der betroffenen Bevölkerung vorliegt.
3. Ausblick:
Das hier beschriebene Format für eine frühzeitige Bürgerinformation und
informelle Bürgerbeteiligung ist sicherlich ein ambitioniertes Vorhaben – und
längst nicht ausgereift.
Die Bochumer*innen müssen sich erst an diese Form der Beteiligung
gewöhnen und erfahren, dass sie mit ihren Anregungen, Anmerkungen und
Bewertungen von Stadtverwaltung und Politik ernst genommen werden und eine echte
Chance haben, ihr Lebensumfeld mitzugestalten.
Für Stadtverwaltung und Politik ist das hier beschriebene
Konzept eine echte Chance, bei Vorhaben zur Stadtentwicklung
Reibungsverlusten vorzubeugen, von Kenntnissen der betroffenen Bürger*innen zu
örtlichen Gegebenheiten der Vorhaben zu profitieren, Kosten für
Nachregulierungen in den Planungen zu reduzieren und die Akzeptanz für
Maßnahmen der Stadtentwicklung in der Bevölkerung zu steigern.
Mit einer nach unserm Konzept erfolgreich etablierten frühzeitigen
Bürgerinformation und informelle Bürgerbeteiligung sehen wir eine echte
Chance für Bochum:
Stadtentwicklung durch Stadtverwaltung und Politik – mit
Bürgern für Bürger!